Damit wird ausgedrückt, mit welchen Herausforderungen die fortschrittliche Zahnheilkunde konfrontiert ist, denn der Zahnarzt muss weit mehr als Zahnreparaturen
bewerkstelligen.
Der orofaciale Komplex stellt einen funktionellen Teil in einer sehr fein ausgewogenen Apparatur dar, das Naturgesetzen unterworfen ist, um dem durch Beißen, Kauen und Schlucken
entstehenden Druck standzuhalten. Die Kenntnisse über die Beziehungen zwischen oraler Muskulatur und Okklusion führten zur
Entstehung der Myofunktionellen Therapie. Ausgehend davon, dass der Mensch ein anpassungsfähiges Wesen ist, macht uns bewusst,
dass der menschliche Organismus das Resultat einer Anpassung an seine Umwelt ist. Ist die Balance der orofacialen Muskulatur
gestört, so wird die Zunge als der beweglichste Muskel im ganzen Körper versuchen, sich eine Umgebung zu schaffen, in der sie
sich mit Leichtigkeit bewegen kann: Um dies zu erreichen, wird dieser kräftige und flexible Muskel jedes Hindernis,
einschließlich der Zähne, aus dem Weg räumen. Bei einer so gestörten Balance der Gesichtsmuskulatur ist eine Fehlstellung der
Zähne (Malokklusion) die natürliche Folge.
Unter Myofunktioneller Störung (myo=Muskel) versteht man falsche Abläufe der Tätigkeit von Muskeln im Mund- und Gesichtsbereich,
insbesondere der Zunge und der Lippen und damit besonders verbunden mit dem Schluckvorgang (Zungenpressen, Zungenstoßen,
infantiles Schluckmuster etc.).
Essen und Trinken ist eine elementäre Aktivität des täglichen Lebens.
So trainiert schon der Säugling beim Saugen seine Lippen- und Wangenmuskulatur.
Optimales Training findet an der Mutterbrust statt, wird ein Fläschchen benutzt, ist die Lochgröße des Schnullers von Bedeutung,
um falsche Schluckabläufe zu vermeiden.
Das lange Benutzen eines Schnullers oder Daumenlutschen führt zu Zahnfehlstellungen.
Besonders häufig finden wir dann den „Offenen Biss“ oder ein „Lippenhabit“ (Lippenbeißen), wo die Oberkieferzähne auf der
Unterlippe liegen.Dies kann zu einer sehr großen Stufe – mehr als 10 mm führen.
Die Hälfte der Kinder mit falschem Schluckmuster haben Probleme mit der Artikulation, betroffen sind insbesondere die
Zischlaute („s, z, sch“).